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Erste Ergebnisse aus dem Swiss Survey65+ zeigen auf, dass die aktuelle Corona Pandemie einen Einfluss auf das subjektive Einsamkeitsgefühl älterer Menschen nimmt.

Menschen ab 65 Jahren zählen, zumindest statistisch betrachtet, zu einer der von COVID-19 besonders gefährdeten Gruppen. Dennoch sollte diese Altersgruppe nicht pauschal als „Risikogruppe“ bezeichnet werden, da dies einerseits zu einer Altersdiskriminierung führen und anderseits bei den älteren Menschen das Gefühl von fremdzugeschriebener Fragilität und sozialer Isolation erzeugen kann (https://szsa.ch/covid19_6-9/).

Im Zuge der gegenwärtig andauernden Corona-Pandemie und den von den Schweizer Behörden erlassenen Einschränkungen des öffentlichen Lebens hielten sich im Alltag in den letzten Monaten viele Menschen an die Empfehlung der sozialen Distanzierung. Direkte Kontakte, Menschenansammlungen und gesellige Anlässe ausser Haus sollten reduziert oder überhaupt vermieden werden. Insbesondere ältere Menschen wurden zu ihrem eigenen Schutz dazu aufgefordert, in ihrem Haushalt beziehungsweise den Alters- und Pflegeheimen zu verbleiben und Kontakte zu anderen einzuschränken. Diese fürsorgliche Form der Isolation kann jedoch auch zu verstärkter Einsamkeit und damit zu einer Beeinträchtigung des Wohlbefindens führen.

Im Rahmen der nationalen Studie «Swiss Survey 65+», eines von mehreren Projekten des Nationalen Innovationsnetzwerkes AGE-NT «Alter(n) in der Gesellschaft», untersucht die Hochschule für Soziale Arbeit FHNW, unter welchen Voraussetzungen Menschen ab 65 Jahren ein möglichst langes und gutes Leben in Selbständigkeit führen können. Insgesamt wurden hierfür Anfang 2020 1990 Personen dieser Altersgruppe in der gesamten Schweiz befragt. Zufällig ergab es sich, dass die Datenerhebung zwischen Januar und Mai 2020 stattfand, also gerade in der Zeitspanne vom Auftreten der ersten Schweizer Corona-Fälle über den ersten Lockdown im März 2020 bis hin zu dessen Lockerungen. Dadurch bot sich die Chance, neben den ursprünglich geplanten Fragestellungen nun auch die durch die Schutzmassnahmen bewirkten Veränderungen im Zeitverlauf messen zu können.

Gestützt auf die Abfolge der in den Medienmitteilungen des Bundesamts für Gesundheit (BAG) veröffentlichten Massnahmen und Empfehlungen wurde der gesamte Erhebungszeitraum in vier Phasen eingeteilt. Diese Phaseneinteilung bildete die Grundlage für die Bildung von Gruppen, denen die Personen entsprechend ihrem jeweiligen Befragungstermin zugeordnet wurden. Diese vier Gruppen wurden nun einem Vergleich hinsichtlich der Aussagen zum Einsamkeitsgefühl unterzogen. Tatsächlich zeigte sich, dass das subjektive Gefühl von Einsamkeit im Anschluss an die Empfehlung einer physischen Distanzierung durch die Schweizer Regierung zunahm und erst nach der Ankündigung erster Lockerungen des Lockdowns wieder etwas zurückging. Neben diesem im Zeitverlauf beobachtbaren Effekt zeigen die Auswertungen auch, dass besonders Frauen, Personen mit geringem Einkommen, Alleinlebende und Personen ohne Kinder unter stärkeren Einsamkeitsgefühlen litten. Die Ergebnisse dieser Auswertung sind nun als Open Access Paper frei verfügbar: https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/fsoc.2020.590935/full

Weitere Auswertungen zu den Corona-bedingten Unterschieden im Antwortverhalten der Teilnehmenden des Swiss Survey65+ und anderer Datengrundlagen sind auf dem Weg und werden, sobald sie publiziert sind, hier vorgestellt. So konnte beispielsweise auch gezeigt werden, dass das subjektive Alterserleben – also die Einschätzung, dass das Alter mehr Verluste als Gewinne mit sich bringt – durch den ersten Lockdown im März 2020 beeinflusst wurde. Daneben konnte mit einer weiteren Datenerhebung (Omnibus50+) bei über 1000 Personen ab 50 Jahren in der deutsch- und französischsprachigen Schweiz die subjektive Bilanzierung der Rück- bzw. Zunahmen von sozialen Kontakten erhoben werden. Hier zeigt sich, dass die Häufigkeit der direkten (physischen) Kontakte abgenommen, dafür aber die der Kontakte über das Telefon oder das Internet zugenommen haben; viele ältere Menschen nutz(t)en diese Formen der Kommunikation, um die fehlenden direkten Kontakte zu kompensieren.

Die aktuelle Pandemie wirkt sich ganz unterschiedlich auf das Wohlbefinden älterer Menschen aus, andererseits macht sie uns die Vielfalt des Alter(n)s bewusst und erinnert daran, dass wir «die älteren Menschen» nicht als homogene Gruppe ansehen sollten. Die Daten zur Einsamkeit haben gezeigt, dass soziale Ungleichheiten im Alter weiterhin greifen und das Gefühl von Einsamkeit – und damit vielleicht auch das Gefühl «die Pandemie besser oder schlechter zu meistern» – auch von finanziellen, sozialen, individuellen, körperlichen und kognitiven Ressourcen beeinflusst wird. Vielfalt des Alters heisst dann eben nicht, dass alle die Krise gleich gut oder gleich schlecht «überstehen» werden, sondern dass es diesbezüglich markante Unterschiede zwischen den Menschen gibt. Unsere Aufmerksamkeit sollte denjenigen älteren Personen aus der grossen Gruppe der über 65-Jährigen gelten, die besonders unter der Pandemie bzw. den damit verbundenen Schutzmassnahmen der physischen Distanzierung leiden.